Pflegekompetenzen

Grüne kritisieren Gesetzentwurf als Stückwerk

Pflegepolitische Sprecherin der Grünen Fischer © Parlamentsfernsehen

Die Befugniserweiterung von Pflegekräften ist aus Sicht der Regierung ein Meilenstein. Der Sprecherin für Pflegepolitik der Grünen, Simone Fischer, geht die Reform nicht weit genug.

Der Bundestag hat in erster Lesung über den Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege beraten. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zufolge wertet das Gesetz den Pflegeberuf auf und entlastet gleichzeitig Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen und Krankenhausstationen. Die Opposition kritisierte, es werde nur der Entwurf des Pflegekompetenzengesetzes der Vorgängerregierung aufgegriffen und abgeschwächt.

Pflegekräfte könnten künftig eigenverantwortlich und weisungsfrei Aufgaben in den Bereichen Diabetes, Wundmanagement und Demenz übernehmen, sagte Ministerin Warken. Obwohl die Pflegekräfte dafür qualifiziert seien, blieben diese Aufgaben bislang Ärzten vorbehalten. 

Gesetz soll Bürokratie begrenzen

Das Gesetz werde zudem die Bürokratie begrenzen. „Wer bei der Qualitätsprüfung ein hohes Niveau vorweisen kann, muss sich erst zwei Jahre später wieder prüfen lassen statt nach einem Jahr“, kündigte Warken an. Bisher gelte das nur in stationären Einrichtungen. Nun soll es Warken zufolge auch in ambulanten und teilstationären Einrichtungen gelten.

Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Katrin Staffler (CSU) sagte, das Gesetz werde die Prävention verbessern. Auch Pflegebedürftige, die zuhause lebten, bekämen künftig Zugang zu Präventionsleitungen. Konkretisierungen der Pflegeberatungen schafften besseren Durchblick in der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige. Das sei ein großer Gewinn für die Versorgung.

„Ein Meilenstein für Pflegekräfte“

Claudia Moll vom Koalitionspartner SPD sprach von einem Meilenstein für Pflegekräfte, weil das Gesetz ihre Handlungsspielräume erweitern werde. Ein wichtiger Fortschritt sei die Möglichkeit, in Weiterbildungen fortlaufend Kompetenzen erwerben zu können. Die Pflege sei so endlich eine eigenständige und hochqualifizierte Säule des Gesundheitssystems.

Das Gesetz stärke die Kommunen in der Pflegeplanung, sagte Moll weiter. Sie würden künftig direkt mit den Pflegekassen zusammenarbeiten und an der Entwicklung der lokalen Pflegeinfrastruktur beteiligt werden. „Die Kommunen wissen selbst am besten, welche Maßnahmen sie vor Ort brauchen“, so die Abgeordnete.

Opposition: Ein verlorenes Jahr

Kritik am Gesetzentwurf äußerten die Oppositionsfraktionen von Grünen, Linken und AfD. Sie wiesen auch darauf hin, dass der Gesetzentwurf zur Zeit der Ampelkoalition bereits vorgelegen habe und ein Jahr verloren gegangen sei.

Die pflegepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, Simone Fischer, sagte, der Entwurf sei kein großer Reformschritt. „Wir haben in der Ampel mutige Gesetzentwürfe aufgelegt. Diese Koalition kürzt und schwächt“, so Fischer. Das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege bleibe in der Pflegekompetenz bei der Abhängigkeit von ärztlicher Delegation. Entlastungsleistungen für pflegende Angehörige würden gekürzt und ehrenamtliche Strukturen geschwächt. Im Gesetz sei zudem keine Pflegebeauftragte mehr vorgesehen. „Die Menschen haben ein Recht auf Substanz statt Stückwerk“, sagte Fischer.

Linke: zementierte Abhängigkeiten

Auch der Linken geht der Gesetzentwurf nicht weit genug. International sei Deutschland abgehängt. „In anderen Ländern stellen Advanced Practice Nurses Diagnosen und verschreiben Rezepte, hier werden historische Abhängigkeiten zementiert“, sagte Evelyn Schötz, die für die Linken Mitglied im Gesundheitsausschuss ist.

Claudia Weiss von der AfD forderte steuerliche Entlastung, flexible Budgets und mehr Kurzzeit- und Tagespflege, damit Angehörige durchhalten könnten. Denn über 70 Prozent der Pflege finde zuhause statt. Für die Pflege müsse es eine „ehrliche Finanzierung“ geben, die Eigenanteile deckele und Steuerzuschüsse nutze.

Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur weiteren Beratung in den Gesundheitsausschuss.

Martin Thoma
thoma(at)wohlfahrtintern.de