Sanierung

Maßnahmen transparent kommunizieren

Fachberater Lenger-Bauchowitz © Rödl & Partner

Führungskräfte von Sozialunternehmen in wirtschaftlicher Schieflage müssen ihr Handeln den Mitarbeitenden gut vermitteln. Wie sie dabei am besten vorgehen, zeigt der Fachberater Norman Lenger-Bauchowitz von Rödl & Partner.

„Die Krise ist ein produktiver Zustand – man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen!“ So abgedroschen dieses Zitat von Max Frisch klingt, umso wahrer ist es, wenn es um die Kommunikation von anstehenden Sanierungsprozessen und Sanierungsmaßnahmen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft geht. Woran liegt das? Zurückzuführen ist dies vor allem auf die heterogenen Gruppen, die in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft vorherrschen. So vielfältig die unterschiedlichsten Berufsgruppen wie zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger oder Rettungsdienstmitarbeitende sind, genauso divers und vielschichtig sind auch die am Sanierungsprozess beteiligten Stakeholder, wie etwa die unterschiedlichsten Trägerformen oder Personalvertretungen, Krankenkassen und Ministerien. Dies führt letztendlich dazu, dass es unterschiedliche Ohren gibt, die – je nach Prägung – Informationen unterschiedlich, aber auch sensibler verarbeiten.

Auf der anderen Seite gibt das jeweilige Verfahrensstadium innerhalb eines Sanierungsprozesses vor, was konkret kommuniziert werden kann oder soll. Denn es macht einen Unterschied, ob sich das Unternehmen kurz vor oder schon in der Insolvenzantragspflicht befindet oder ob es sich lediglich weitsichtig mit genügend Vorlauf auf eine potenzielle Krise vorbereitet. Diese Unterscheidungen sind insofern von hoher Relevanz, weil sich Informationen gerade in Krisenzeiten verbreiten wie ein Lauffeuer. Unserer Erfahrung nach sollte eine gute Kommunikationsstrategie in der Krise vier Fragen beantworten, nämlich wer, was, wie und wann.

1. Zielgruppen berücksichtigen

Wer ist der Adressat? Ausgangspunkt ist dabei die Bestimmung der verschiedenen internen und externen Zielgruppen. Wer die konkreten Zielgruppen sind, hängt unter anderem von der Struktur und der Branche ab. Die Beteiligten in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft haben eine bestimmte Motivation, warum sie gerade in dieser Branche tätig sind. Wer das nicht verstanden hat – und nicht entsprechend kommuniziert – wird auch nicht verstanden. Das bedeutet zum Beispiel, dass zunächst von innen nach außen kommuniziert werden sollte. Denn nichts ist schlimmer, wenn die Mitarbeitenden eines Krankenhauses zuerst aus der Presse erfahren, dass ein gerichtliches Sanierungsverfahren eingeleitet wurde, ohne dass dies in der Belegschaftsversammlung vorher erläutert wurde. Natürlich sollte man zusätzlich die Gepflogenheiten und internen Hierarchien des jeweiligen Akteurs berücksichtigen. Hinzu kommen die klassischen externen Zielgruppen: Lieferanten, Banken, Geschäftspartner, Politik, Kommunen und Behörden – um nur einige zu nennen.

2. Botschaften festlegen

Was soll kommuniziert werden? Mit Festlegung der Botschaften wird bestimmt, welche Informationen an die jeweilige Zielgruppe übermittelt werden. Die Haupt- und Subbotschaften werden, immer ausgehend von der jeweiligen Verfahrenssituation, angepasst oder erweitert. Denn es ist ein Unterschied, ob eine außergerichtliche Sanierung stattfindet oder die Restrukturierung über die gerichtliche Eigenverwaltung, ein Regelinsolvenzverfahren oder ein Restrukturierungsverfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz erfolgen soll. Jede Verfahrensart folgt einer anderen Kommunikations- und Sprecherstrategie, jedenfalls soweit es sich um die reinen Verfahrensziele handelt. Um das Vertrauen der Beteiligten nicht zu verlieren, gilt aber immer: Alles was du sagst, muss wahr sein, aber nicht alles was wahr ist, muss man auch immer sagen!

3. Kanäle wählen

Wie soll die Kommunikation erfolgen? Stehen Zielgruppen und Botschaften fest, können die konkreten Kommunikationsmaßnahmen geplant werden. Auch hier gibt es in der Regel unternehmensinterne Kanäle wie das Intranet, interne Direktmailings oder Mitarbeiterveranstaltungen. Gerade in Insolvenzverfahren ist die Mitarbeiterinformation in Form einer Betriebsversammlung eine der wichtigsten Kommunikationsmaßnahmen. Als externe Kommunikationsmaßnahmen kommen ebenfalls Mailings, Q&As oder Pressemitteilungen in Betracht. Achtung: Wichtig ist, dass je nach Verfahrensart die richtige Übersetzung stattfindet. Worte wie „Bankrott” oder „Pleite” in den Medien können die Sanierungschancen deutlich minimieren, weil sie Ängste schüren. Während „Neuaufstellung“ und „Neuausrichtung“ mit „Unterstützung gerichtlicher Hilfe“ einen völlig anderen Zungenschlag bekommen.

4. Zeitpunkt festlegen

Wann soll was kommuniziert werden? Zugegeben: Vollständige Transparenz ist nicht in jeder Sanierungsphase immer möglich. So sind beispielsweise Namen von möglichen Investoren zunächst mal völlig vertraulich. Oder aber es kann Gründe geben, warum man vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens bestimmte Stakeholder gerade nicht vorab informiert, um etwa die Sanierungsoptionen nicht zu gefährden. Wie bereits erwähnt, bildet zum Beispiel das Insolvenzverfahren – egal ob in der Spielart des Schutzschirmverfahrens oder der Eigenverwaltung – mit seinem vorgegebenen Ablauf bereits das Grundgerüst der Kommunikationsplanung. So sind zentrale Verfahrenspunkte wie die Insolvenzantragsstellung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Verfahrensbeendigung immer kommunikativ zu begleiten. Darüber hinaus ergeben sich beispielsweise fixe Punkte durch die Gläubigerversammlung oder Entscheidungen durch einen eventuellen Gläubigerausschuss.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die professionelle kommunikative Begleitung von Sanierungsprozessen ein wesentlicher Hebel für das Gelingen darstellt.

 

Der Autor

Norman Lenger-Bauchowitz ist Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung sowie Leiter der strategischen Geschäftseinheit Gesundheits- und Sozialwirtschaft bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner.
norman.lenger-bauchowitz(at)roedl.com

In Verbindung stehende Artikel: