EuGH trifft Grundsatzurteil über Kirchenaustritte

EuGH-Gebäude in Luxemburg © Gerichtshof der Europäischen Union
Der Europäische Gerichtshof will demnächst über die Rechtmäßigkeit von Kündigungen nach Kirchenaustritten entscheiden. Die Schlussanträge der Generalanwältin geben bereits eine Richtung vor.
Der Europäische Gerichtshof könnte in Kürze Kündigungen wegen Kirchenaustritten verbieten. Dies fordert die Generalanwältin Laila Medina in ihren Schlussanträgen. Häufig folgt das Gericht den Einschätzungen der Generalanwältinnen und Generalanwälte, ist dazu aber nicht verpflichtet.
In ihren Augen stellt diese Praxis eine Diskriminierung wegen der Religion der oder des jeweiligen Beschäftigten dar. Die Zugehörigkeit zu einer Konfession sei keine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung. Auch gestatte die kirchliche Autonomie den Einrichtungen diese Praxis nicht.
Kündigung ohne Ethos-Verstoß nicht zulässig
Solange die oder der Mitarbeitende nicht wider dem kirchlichen Ethos handele, sei eine Kündigung nicht zulässig, so die Anwältin. Das Verfahren ins Rollen gebracht hatte eine ehemalige Beschäftigte der Caritas Limburg. Die Klägerin hatte ab 2006 dort in der Schwangerschaftsberatung gearbeitet. Einige Monate nach Beginn ihrer Elternzeit im Juni 2013 trat sie aus der katholischen Kirche aus. Als Begründung gab sie das von der Diözese Limburg erhobene besondere Kirchgeld an. Dieses müssen Katholiken zahlen, die mit einem konfessionslosen oder andersgläubigen Partner verheiratet sind, der gut verdient.
Bundesarbeitsgericht rief EuGH an
An ihren christlichen Werten habe sich dadurch nichts geändert, so die Klägerin. Zudem sei die Schwangerenberatung konfessionsneutral. Die Klägerin gab an, selbst größtenteils muslimische Frauen zu beraten und keinen Missionsauftrag zu haben. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich zuletzt mit dem Fall beschäftigt. Es ersuchte den Europäischen Gerichtshof mit der Klärung zweier Fragen hinsichtlich der Loyalitätsobliegenheiten: Sei von katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erwarten, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten? Stellt ein Kirchenaustritt einen schwerwiegenden Verstoß dar?
Europäischer Gerichtshof, AZ C-258/24
Vorinstanzen:
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 1. Februar 2024 – 2 AZR 196/22 (A)
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 1. März 2022 – 8 Sa 1092/20
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