Mindset als entscheidender Erfolgsfaktor

Fachberater Neycken © Rosenbaum Nagy
Nachhaltiges Denken kann das Handeln von Unternehmen entscheidend beeinflussen. Führungskräften kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, sagt Paul Neycken von der Unternehmensberatung rosenbaum nagy.
Denken wir einmal darüber nach, wie unsere täglichen Entscheidungen in Beruf und Privatleben Einfluss auf die Welt der Zukunft haben. Auf den ersten Blick scheint der Einfluss eher gering. Ob die Plastiktüte und die Einwegverpackung der Salatbar nun das Klima zum Kippen bringt? In den meisten Fällen wird die Antwort eines Einzelnen wohl eher „nein“ lauten. Es ist für uns Menschen oft unvorstellbar, wie das eigene Wirken etwas Großes bewirken kann, gerade bei den vermeintlichen Kleinigkeiten. Sehen wir uns jedoch als Gemeinschaft und nicht nur als Einzelperson, kann großes bewirkt werden. Denn in einer Gemeinschaft ist das Handeln eines jeden relevant. Das Verständnis und das damit einhergehende Umdenken ist jedoch ein Prozess. In Bezug auf Nachhaltigkeit wird hier oft vom Sustainable Mindset, also nachhaltigem Denken, gesprochen.
In diesem Artikel wagen wir einen Blick auf die Bausteine dieses Ansatzes und wie er nicht nur unser individuelles Verhalten, sondern auch das unserer Unternehmen, insbesondere in der Sozialwirtschaft, beeinflussen kann. Stellen wir uns vor, dass Sensibilisierung für Nachhaltigkeit nicht nur eine Abfolge von notwendigen Schritten ist, sondern ein Treibstoff für Veränderungen im Unternehmen sein kann. Führungskräfte spielen hier eine Schlüsselrolle, da sie nicht nur Entscheidungen treffen, sondern als Führungsinstanz auch das Team mitnehmen müssen. Der Weg zu einem nachhaltigen Denken beinhaltet mehr als nur Umweltschutz; es geht um ein Umdenken in unserem Handeln und Denken, das von ganz oben beginnen muss. Dabei sollten in einem Unternehmen die Schritte Sensibilisierung, Wissensaufbau, Änderung der Einstellung, Änderung des Verhaltens und konstruktiver Austausch zur Entwicklung eines Sustainable Mindsets durchlaufen werden, die im Folgenden mit Beispielen kurz erklärt werden.
Sensibilisierung: Die Sensibilisierung der Führungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Nachhaltigkeit ist der Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Sustainable Mindsets. Sie beinhaltet die bewusste Wahrnehmung von globalen Herausforderungen, wie beispielsweise Klimawandel, Umweltschutz, sozialer Ungerechtigkeit und Ressourcenknappheit. Gleichzeitig müssen aus unternehmerischer Sicht auch wirtschaftliche Faktoren mitgedacht werden. Dieses Bewusstsein für drängende Probleme ist der Treibstoff für Veränderungen. Als Unternehmen kann man besonders durch regelmäßige Infoveranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit und das Kreieren von Austauschmöglichkeiten eine stärkere Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen. In diesem Rahmen kann zum Beispiel gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einem interaktiven Parkour der private Klima-Fußabdruck zur Wahrnehmung des eigenen Einflusses bestimmt werden.
Wissensaufbau: Der Aufbau von Wissen über Nachhaltigkeit ist ein entscheidender Schritt, um ein Sustainable Mindset zu entwickeln. Dies beinhaltet das Verstehen von ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhängen. Studien, Bildungseinrichtungen, NGOs und verifizierte Informationsquellen können beispielsweise dabei helfen, das notwendige Wissen aufzubauen. Dieses Wissen befähigt Einzelpersonen und Unternehmen, fundierte Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen zu ergreifen, die langfristig nachhaltiger sind. Die Aufgabe von Unternehmen ist es, das Wissen zu sammeln und vom Groben zum Spezifischen aufzubereiten. Dabei sollte das Wissen im Rahmen einer Infoveranstaltung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leicht verständlich und nutzbar vermittelt werden. Bereits vorhandenes Wissen der Beschäftigten sollte natürlich genutzt werden.
Änderung der Einstellung: Die Einstellung spielt auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Denken und Handeln eine gewichtige Rolle. Hier geht es darum, wie wir die Welt wahrnehmen und welchen Wert wir Nachhaltigkeit beimessen. Eine Änderung der Einstellung erfordert Empathie und Mitgefühl für andere Menschen und zukünftige Generationen. Es bedeutet, dass wir bereit sind, uns von kurzfristigen Gewinnen und gewissen Gewohnheiten zu lösen und langfristige Vorteile für das Unternehmen, die Gesellschaft und die Umwelt zu priorisieren. Unternehmen können beispielsweise durch regelmäßige Informations- und Aktivveranstaltungen oder Austauschforen die Einstellung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiv beeinflussen. Am wichtigsten ist jedoch, dass die Entscheidungsträger der Unternehmen als positives Beispiel vorangehen.
Änderung des Verhaltens: Ein Sustainable Mindset führt zu konkreten Veränderungen im Verhalten. Dies beinhaltet Maßnahmen wie die Optimierung des eigenen ökologischen Fußabdrucks, die Unterstützung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen sowie das Engagement in gemeinnützigen Aktivitäten. Ein nachhaltiges Verhalten zeigt sich in der Art und Weise, wie wir konsumieren, Energie nutzen und Abfälle reduzieren. Es erfordert bewusste Anstrengungen und kann in verschiedenen Lebensbereichen umgesetzt werden. An dieser Stelle sind auch die Führungskräfte gefragt, die die notwendigen Rahmenbedingungen zur Veränderung schaffen müssen.
Konstruktiver Austausch: Ein konstruktiver Austausch ist ein wesentlicher Bestandteil eines Sustainable Mindsets. Dies beinhaltet den Dialog und die Zusammenarbeit mit anderen Menschen und Organisationen, um Ideen, Erfahrungen und bewährte Praktiken auszutauschen. Soziale Medien, Online-Plattformen und lokale Gemeinschaften bieten Möglichkeiten für einen solchen Austausch. Der Dialog ermöglicht es, Wissen zu teilen und Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu entwickeln. Dadurch kann der Impulsradius von internen Austauschgruppen durch externe Ideen, Erfahrungen und Meinungen erweitert werden.
Somit stellt der Ansatz des Sustainable Mindsets einen ganzheitlichen Ansatz dar, der Bewusstsein, Wissen, Einstellung, Verhalten und den Austausch umfasst. Die Entwicklung eines nachhaltigen Denkens erfordert Engagement und Geduld, um die notwendigen Veränderungen zu bewirken. Denn es ist wichtig zu betonen, dass dies kein fundamentalistischer Ansatz ist, der von heute auf morgen die radikale Veränderung von Einstellungen oder das sofortige Distanzieren von Gewohnheiten fordert. Im Gegenteil, der Ansatz des Sustainable Mindsets bildet das Fundament, auf dem der Grundstein gesetzt und langfristig gebaut werden kann. Ist nämlich in einem Unternehmen erst einmal ein Bewusstsein für ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit entstanden, müssen auch Rahmenbedingungen geschaffen werden und Maßnahmen folgen.
Und wie kann sowas in der Praxis aussehen?
In der Sozialwirtschaft gibt es hier zum einen die Ebene der Beschäftigten und zum anderen die Ebene der Entscheidungsträger. Auf der Ebene der Beschäftigten geht es vor allem darum sich aktiv einzubringen und beim Schaffen von Rahmenbedingungen und Angeboten mitzuwirken. So gestalten sie selbst ihren Arbeitsplatz der Zukunft. Folgende Perspektiven können beispielsweise dabei berücksichtigt werden:
Standards für Nachhaltigkeit: Müll wird konsequent getrennt, zumutbare Bahnfahrten sind immer zu bevorzugen, Deutschlandticket für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Mehrwegbehälter vom Arbeitgeber bereitgestellt
Infrastruktur bereitstellen: Mülleimer für die Mülltrennung, Ladeinfrastruktur, Wasserspender
Individuelle Ebene: Angebote für Verhaltensänderung im Privatleben durch beispielsweise Anreize, Boni oder Prämien
Team-Ebene: Teamevents zum Thema Nachhaltigkeit, Teilnahme an Nachhaltigkeitsprogrammen, Initiierung eigener Nachhaltigkeitsprojekte
Feste Anlaufstelle oder Ansprechperson für Impulse der Beschäftigten
Auf der Ebene der Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger muss in der Sozialwirtschaft, neben der Unterstützung und Umsetzung einzelner Maßnahmen, besonders der große Hebel der Immobilienbestände ins Auge genommen werden. Denn hierzu können die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tendenziell wenig beitragen.
Welche Herausforderung müssen Entscheidungsträger in der Sozialwirtschaft darüber hinaus schon heute mitdenken?
Viele Immobilien in der Sozialwirtschaft wurden in den vergangenen Jahrzehnten auf Verschleiß betrieben. Ein Grund dafür waren unter anderem die hohen Kosten, die Instandhaltungsmaßnahmen mit sich gebracht hätten. Ein losgelöster Blick von den reinen kurzfristigen direkten Kosten zeigt jedoch, dass eine kontinuierliche Instandhaltung tendenziell kostengünstiger ist als das Aufschieben bis zum Renovierungszwang. Denn hier können Kosten entstehen, die um ein Vielfaches höher sind als bei einer kontinuierlichen Instandhaltung. Mit Blick auf die EU-Taxonomie und die immer strenger werdenden Nachhaltigkeitsrichtlinien der EU, können die alten Immobilien zu einer großen Belastung werden. Denn auch Banken und Versicherungen sind angehalten die Richtlinien der EU zu wahren und bei der Vergabe von Krediten oder Versicherungen zu berücksichtigen. Dies kann dazu führen, dass Kredite deutlich teurer werden und Versicherungen den desolaten energetischen Zustand der Immobilien sanktionieren.
Fazit & Ausblick
Der Sustainable Mindset-Ansatz präsentiert einen umfassenden Rahmen, der Bewusstsein, Wissen, Einstellung, Verhalten und Austausch in den Fokus nimmt. Dieser Ansatz kann sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext wirken. Sensibilisierung, Wissensaufbau, Einstellungsänderung, Verhaltensänderung und konstruktiver Austausch sind hier die Schlüsselkomponenten. Die Entwicklung eines Sustainable Mindsets erfordert Engagement und Geduld, da Veränderungen in Denkweise und Handeln nicht über Nacht geschehen. Dieser Ansatz bildet jedoch das Fundament für nachhaltige Entwicklung, auf dem Unternehmen langfristig aufbauen können.
In Anbetracht der stetig wachsenden Bedeutung von nachhaltigem Denken, Planen und Handeln eröffnen sich für die Sozialwirtschaft vielversprechende Perspektiven. Die Integration des Sustainable Mindset-Ansatzes bietet die Möglichkeit, nicht nur ökologische und soziale Verantwortung zu übernehmen, sondern auch langfristige ökonomische Vorteile für ein Unternehmen zu schaffen. Im kommenden Jahrzehnt wird es entscheidend sein, dass Unternehmen in der Sozialwirtschaft nicht nur ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv einbinden, sondern auch auf der Ebene der Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger strategische Maßnahmen ergreifen. Eine nachhaltige Entwicklung erfordert eine umfassende Betrachtung, die über einzelne Verhaltensänderungen hinausgeht. Die Sozialwirtschaft sollte zukünftig vermehrt auf Informationsinitiativen setzen, um das Bewusstsein für nachhaltige Praktiken zu fördern und den Weg in eine nachhaltige Zukunft einzuschlagen. Ein positiver Ausblick für die Sozialwirtschaft liegt in der Gestaltung eines umfassenden, nachhaltigen Ökosystems. Dies erfordert ein Umdenken auf allen Ebenen – von individuellen Verhaltensänderungen bis hin zu strategischen Entscheidungen auf Organisationsebene.
Autor:
Paul Neycken, Fachberater (Nachhaltigkeit, Changemanagement und Innovationsmanagement)
rosenbaum nagy unterstützt die Veröffentlichung und Verbreitung dieses Beitrags.