Die Angst vor dem Mangel

Die enormen Preissteigerungen für Energie setzen die Sozialwirtschaft finanziell unter Druck. Die Spitzen der freien Wohlfahrt warnen bereits vor einem Zusammenbruch der sozialen Infrastruktur. Ihre Rufe haben inzwischen Gehör gefunden. Eine Regierungskommission arbeitet an einem Hilfspaket. Es wäre der zweite große Rettungsschirm für die Branche nach den Coronahilfen.
Branchenvertreter wie der Chef der Johannesstift Diakonie, Andreas Mörsberger, gehen allerdings nicht davon aus, dass die Gelder ausreichen werden, um alle Löcher zu stopfen. Im Einleitungsbeitrag zum Schwerpunkt ,Liquiditätsmanagement‘ zeigt der Geschäftsführer, wie Träger ihre Zahlungsfähigkeit erhalten (Seite 22). Alexander Mitsch, Finanzdirektor bei der SRH Holding, verrät in seinem Gastbeitrag, wie er im Konzern ein krisenbewährtes System der internen Kreditvergabe aufgebaut hat (Seite 26).
Auch der Fachkräftemangel setzt der Branche zu. Das gilt nicht nur für Leistungserbringer. Am Beispiel der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes zeigt unser Redakteur Sebastian Danz auf Seite 17, welche Folgen fehlendes Personal bei Leistungsträgern hat. So würde etwa die wichtige Bedarfsermittlung bei Menschen mit Behinderung viel schneller laufen, wenn bei den Leistungsträgern ausreichend Fachkräfte vorhanden wären. Den gleichen Fallstrick identifiziert Petra Densborn, Vorständin des CJD im Interview auf Seite 6. Auf die ohnehin am Limit arbeitenden Jugendämter kommen mit der geplanten inklusiven Lösung in der Kinder- und Jugendhilfe neue Zuständigkeiten für Kinder mit Behinderung zu. Auch hier drohen Verzögerungen.
In unserer Debatte lassen wir die Wirkung von Inflation, Fachkräftemangel und leeren Kassen auf die Versorgungslandschaft analysieren. Die freigemeinnützigen Diskutanten sehen den Staat in der Pflicht, eine Grundversorgung sicherzustellen. Die privaten Versicherer und der Gesundheitsökonom Boris Augurzky warnen dagegen vor einer Rationierung im Gesundheitswesen, sollten einige wesentliche Änderungen im System ausbleiben. Die Debatte und die Lösungsvorschläge lesen Sie ab Seite 38.
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