Verwaltung kostengünstiger gestalten

Rechtsanwalt Krüger, Berater Nagy (v.l.) © Friedrun Reinhold/Attila Nagy
Der Gesetzgeber hat das Gemeinnützigkeitsrecht geändert. Berater Attila Nagy und Rechtsanwalt Thomas Krüger klären über die neuen Möglichkeiten für Service-Gesellschaften auf.
Die sich zunehmend verengenden wirtschaftlichen Spielräume der Sozialwirtschaft erzwingen eine Optimierung der Betriebsgrößen und die Straffung der Sekundärbereiche zu Gunsten des Kerngeschäftes. Mit dem Jahressteuergesetz 2020/2021 hat der Gesetzgeber zahlreiche Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht beschlossen, die erhebliche Potenziale für eine Neugestaltung von Verwaltungs- oder sonstigen Servicebereichen bieten. Das gilt sowohl für den gemeinsamen Betrieb durch verschiedene Träger als auch für bestehende konzerninterne Servicegesellschaften.
Service-Gesellschaften gelten als gemeinnützig
Grundlage ist der neu geschaffene Paragraph 57 Absatz 3 der Abgabenordnung (AO), der festlegt, dass eine Körperschaft selbst als gemeinnützig anerkannt werden kann, wenn sie ihre – isoliert betrachtet eigentlich nicht gemeinnützigen – Tätigkeiten „satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren“ gemeinnützigen Körperschaft erbringt. Hintergrund für die Neuregelung war die anhaltende Kritik daran, dass Tätigkeiten wie die Küche oder Wäscherei im Krankenhaus unzweifelhaft dem gemeinnützigen Bereich zuzuordnen ist, wenn sie im Krankenhaus selbst erbracht werden, während sie als steuerpflichtige Betätigung eingestuft wurde, wenn aus betriebswirtschaftlichen Gründen der Betrieb in eine Tochter-GmbH ausgelagert wurde. Mit der Neuregelung soll diese Ungleichbehandlung aufgehoben werden.
Hürden fallen weg
Insbesondere wirken sich die Neuregelungen auf zwei steuerliche Bereiche aus, die bisher insbesondere Kooperationen zwischen verschiedenen gemeinnützigen Trägern aus wirtschaftlichen Gründen behindert haben:
- Die Umsatzsteuer auf den Leistungsaustausch reduziert sich auf sieben Prozent.
- Es entfallen die Ertragssteuern und die Preisgestaltung zwischen der gemeinnützigen Gesellschaft und ihrer gemeinnützigen Kunden wird von der Finanzverwaltung nicht mehr dem Drittvergleich unterzogen
Hieraus ergeben sich ganz neue Gestaltungsansätze sowohl im hauswirtschaftlichen Bereich als auch bei Verwaltungsdienstleistungen.
Regelmäßige Unterstützung in Satzung verankern
Voraussetzung für die Anerkennung einer unterstützenden Gesellschaft als gemeinnützig ist das satzungsgemäße planmäßige Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren steuerbegünstigten Körperschaft. Die unterstützende Tätigkeit zugunsten einer oder mehrerer gemeinnütziger Körperschaften muss demnach in der Satzung verankert sein. Auch die übrigen vorgeschriebenen Satzungsbestandteile einer gemeinnützigen Körperschaft müssen aufgenommen werden. Als planmäßiges Zusammenwirken wird eine über den Einzelfall hinausgehende vertraglich vereinbarte Kooperation anzusehen seien. Sind die formalen Voraussetzungen der Satzung und der planmäßigen vertraglichen Anbindung erfüllt, erzielt die dann gemeinnützige Gesellschaft mit ihren Leistungen gegenüber den gemeinnützigen Kooperationspartnern Einnahmen im steuerbegünstigten Zweckbetrieb. Wenn eine solche Gesellschaft gegenüber anderen gemeinnützigen Körperschaften Verwaltungs- oder Organisationsdienstleistungen wie Buchhaltung, Personalverwaltung und Zahlungsabwicklung sowie Cateringleistungen oder Reinigungsdienste erbringt, erfüllt sie demnach eigene steuerbegünstigte Zwecke. Lediglich Umsätze mit steuerpflichtigen Vertragspartnern führen zu Einnahmen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und unterliegen damit der vollen Ertrag- und Umsatzsteuer.
Mit Kooperationen viel Geld sparen
Mit dieser Neuregelung eröffnen sich bedeutsame neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit zwischen gemeinnützigen Trägern, die bisher aufgrund der Steuerbelastungen oft nicht wirtschaftlich sinnvoll waren. So könnte beispielsweise ein Spitzenverband für seine kleineren Träger zu effektiv etwa zehn bis 15 Prozent günstigeren Preisen Verwaltungsdienstleistungen übernehmen, mehrere regionale Träger können gemeinsam eine Großküche betreiben oder Träger eines Wohlfahrtsverbandes könnten theoretisch deutschlandweit ihre IT auf eine gemeinsame Plattform stellen. Mit diesen Gedanken tragen sich sehr viele unserer Kunden.
Die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften bietet erhebliche direkte und indirekte wirtschaftliche Optimierungspotenziale. Verwaltungsbereiche weisen ebenso wie Küchen und IT-Plattformen sehr ausgeprägte größenbedingte Synergien auf. Kleine Verwaltungen sind dabei nicht nur oft weniger effizient, sondern sie erbringen aufgrund fehlender Spezialisierungen auch eine schlechtere Verwaltungsqualität und weisen höhere Risiken auf, etwa aufgrund fehlender Vertretungsmöglichkeiten.
Personal- und Sachkosten reduzieren
Je größer eine Verwaltung ist, desto eher können aufgrund einer optimaleren Arbeitsteilung, Spezialisierungen sowie eines verbesserten IT-Einsatzes Effizienzgewinne realisiert werden. Während bei durchschnittlichen Verwaltungen von Trägern mit einem Umsatz von unter zehn Millionen Euro in der Regel etwa 1,5 Vollzeitstellen für die buchhalterische Verarbeitung von zehn Millionen Euro Umsatz benötigt werden, beträgt diese Kennzahl bei Verwaltungen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz etwa 1,0, was einer Effizienzsteigerung von etwa einem Drittel entspricht. Wenn also 5 durchschnittliche Verwaltungen von Trägern mit jeweils etwa zehn Millionen Euro Umsatz und insgesamt fünf mal 1,5 Vollzeitstellen entsprechend insgesamt 7,5 Vollzeitstellen in der Finanzbuchhaltung zusammengeführt werden, muss es Ziel sein, die Arbeit mit etwa fünf Vollzeitstellen zu bewältigen. Hiermit ist eine Einsparung von etwa 2,5 Vollzeitstellen verbunden, was inklusive einem angenommenen Sachkostenanteil von 20 Prozent etwa 130.000 bis 150.000 Euro entspricht. Allerdings sei angemerkt, dass viele unserer Kunden bereits in der Ausgangssituation hinsichtlich der Effizienz die oben angegebenen Durchschnittswerte verfehlen, so dass der Optimierungseffekt bei einer mit der Zusammenführung verbundenen Verbesserung der Strukturen und Prozesse deutlich höher ausfällt.
Qualität der Dienstleistungen verbessern
In den Bereichen Personalverwaltung, Controlling oder IT sind ähnliche Effizienzsteigerungseffekte zu erwarten. Hinzu kommen die positiven Effekte auf die Qualität der Verwaltungsleistungen durch Spezialisierungen, zum Beispiel durch ein auch qualitativ verbessertes Controlling. Die damit verbundene Verbesserung der Steuerungsqualität der Organisationen bringt weitere spürbare finanzielle Benefits für die operativen Aufgabenfelder. Zudem können mit steigender Betriebsgröße durch die dann sinnvolleren Investitionen in weitere IT-Funktionalitäten wie ein Dokumentenmanagementsystem, Bewerber- und Mitarbeiterportale oder Mitarbeiterapps zusätzliche administrative Effizienzsteigerungen erschlossen werden, die die Erreichung einer noch höheren Verwaltungseffizienz ermöglichen.
Umsetzungsschwelle deutlich gesenkt
Allerdings muss bei einer Leistungsverrechnung von der Verwaltungseinheit zu den Kunden die Steuerbelastung berücksichtigt werden. Bei den bisherigen Regelungen führen ein Preisaufschlag von etwa fünf Prozent im Sinne eines Drittvergleichs sowie die Mehrwertsteuer von 19 Prozent zu zusätzlichen Kosten, und zwar bezogen auf das Gesamtvolumen der zu verrechnenden Dienstleistungen. Dies führt dazu, dass die Effizienzsteigerungen sehr deutlich sein müssen, damit sich die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft überhaupt lohnt. Mit den Neuregelungen ohne Preisaufschlag und mit nur noch sieben Prozent Mehrwertsteuerbelastung sinkt jedoch die Schwelle für die sinnvolle Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft deutlich.
Bestehende Service-Gesellschaften umwandeln
Was ist im Rahmen der Umsetzung zu beachten? Einerseits erfordert die Realisierung eine Optimierung der Prozesse, die Vereinheitlichung der IT und Schulungen des Personals. Andererseits müssen die satzungsrechtlichen Grundlagen geschaffen werden, um die gemeinnützigkeitsrechtlichen Rahmenbedingungen vollständig einzuhalten. Das Verbot der Zahlung unverhältnismäßig hoher Vergütungen ist ebenso zu beachten wie das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung und die sonstigen gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen. Auch bestehende Service-Gesellschaften können durch Änderung ihrer Satzung oder des Gesellschaftsvertrages nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes in eine gemeinnützige Service-Gesellschaft umgewandelt werden.
Insgesamt ist also festzuhalten, dass sich eine Auseinandersetzung mit der Frage der Neuausrichtung der administrativen und Servicebereiche seit Anfang des Jahres noch mehr lohnt, als dies bereits vorher der Fall war.
Der Autoren
Attila Nagy ist geschäftsführender Partner bei der Unternehmensberatung Rosenbaum Nagy.
Thomas Krüger ist Fachanwalt für Steuerrecht und Partner bei der Kanzlei Schomerus und Partner.