So bleiben Altenhilfeträger wettbewerbsfähig

Geschäftsführer Kling © GESO Consult
Gerade in Städten wächst der Konkurrenzdruck auf Anbieter der Altenhilfe. Nico Kling, Geschäftsführer der Unternehmensberatung GESO Consult, erklärt, wie Träger für Kundschaft und Personal attraktiver werden.
Die Herausforderungen für Pflegeanbieter steigen stetig. Mittelfristig muss das zu einer Professionalisierung der Anbieter führen. Wer diesen Weg nicht mitgeht, wird auf absehbare Zeit als Leistungserbringer, gerade in den Metropolregionen, keine Chance mehr haben.
Neben der Bewältigung der Coronapandemie mussten sich Einrichtungsträger in den vergangenen Monaten zusätzlich mit neuen gesetzlichen Regelungen wie dem Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung oder dem Digitale–Versorgung–und–Pflege–Modernisierungs–Gesetz beschäftigen. Und das sind nur die Themen, die die Politik auf die Agenda gespült hat.
Personalmangel verschärft sich in Zukunft noch
Hinzu kommt der praktisch flächendeckende Personalmangel in Deutschland. Die praktizierten Lösungsansätze, wie Steigerung der Ausbildungszahlen, Anwerbung ausländischer Fachkräfte oder Verbesserung der Rahmenbedingungen für Beschäftigte, werden unstrittig zu mehr Personal in der Pflege führen - ausreichen wird das aller Voraussicht nach aber nicht. Im Gegenteil: Spätestens mit dem Eintritt der Baby-Boomer ins Rentenalter wird sich die Situation noch einmal drastisch verschärfen.
Trotzdem gelingt es einigen Trägern, Personalschlüssel einzuhalten oder sogar Initiativbewerbungen zu erhalten, während andere Einrichtungen im Umkreis die Löcher im Dienstplan kaum mehr gestopft bekommen. Wie ist das möglich?
Ein gutes Gehalt reicht nicht
In der Regel ist es ein Maßnahmenbündel, das zur Verbesserung der Situation führt. Personalleasing, häufig Gift für Stimmung im Team und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen, kann nur mit eigenem Personal verhindert werden. Dafür braucht es attraktive Arbeitsbedingungen. Wird das aktuelle Vorhaben der Bundesregierung zur Tariftreueregelungen ab September 2022 so tatsächlich in die Tat umgesetzt, wird der Wettbewerbsvorteil der besseren Bezahlung für einige Träger wegfallen.
Extras binden Mitarbeitende
Umso wichtiger werden die weiteren Arbeitsbedingungen. Es muss nicht immer die eigene Betriebskita sein. Nutzen Sie die verschiedenen Möglichkeiten, die das Steuerrecht bietet, vom Essenszuschuss über Erholungsbeihilfen bis zum Sachbezug, damit mehr Netto bei den Beschäftigten ankommt. Prüfen Sie die Arbeitszeitmodelle auf flexiblere Gestaltung, stellen Sie technische Geräte, Autos und Fahrräder zur privaten Nutzung zur Verfügung oder schaffen Sie Angebote zur psychosozialen Unterstützung.
Haben Sie dabei aber immer die Refinanzierung durch die Kostenträger im Blick. Regelmäßige Verhandlungen mit moderaten Steigerungen stoßen bei Kostenträgern und Pflegebedürftigen auf mehr Akzeptanz als seltene, hohe Anpassungen.
Zeit für Feedback und Fortbildungen einplanen
Investieren Sie nicht nur mehr Geld, investieren Sie vor allem mehr Zeit in ihr Personal. Regelmäßige Feedbackgespräche, Personalentwicklungspläne und attraktive Fort- und Weiterbildungsangebote werden als Mittel zur Personalbindung oft unterschätzt.
Neben den harten Fakten, wie Bezahlung und Urlaubstagen, ist die Unternehmenskultur, dazu gehören Themen wie Wertschätzung, Teilhabe und Hierarchie, der zentrale Baustein. Hinterfragen Sie kritisch, ob die auf dem Papier formulierten Ansprüche und Werte auch wirklich so umgesetzt und gelebt werden.
Digitalisierung erleichtert Arbeit
Videokonferenzen und Homeoffice sind nur für einen kleinen Teil der Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen nutzbar. Aber die konsequente Nutzung der Digitalisierung kann die Arbeit deutlich vereinfachen. Das digitale Büro bietet weitere Möglichkeiten. Allerdings stehen und fallen diese Digitalisierungsprojekte mit der Akzeptanz. Hier ist eine umfassende Begleitung der Beschäftigten notwendig.
Wer seine Einrichtungen nicht flächendeckend mit Gäste-WLAN und einer ausreichenden Bandbreite für Pflegebedürftige erschlossen hat, sollte hier keine Zeit verlieren. Nicht erst seit der Coronapandemie hat sich gezeigt, dass die digitale Kommunikation Menschen in Pflegeeinrichtungen wieder näher an ihre An- und Zugehörigen heranbringt.
Moderne Angebote schaffen
Gerade in Metropolregionen sind die Immobilienpreise und Mieten in den vergangenen Jahren rapide gestiegen, deren notwendige Refinanzierung durch die Sozialhilfeträger bleibt da deutlich zurück. Es wird damit immer schwieriger, neue Angebote zu etablieren. Im Trend liegen kleinteilige, individualisierte Versorgungskonzepte. Doch auch hier sind Flächen oft nur schwer zu finden. Die Pflegebranche ist gut beraten, den Kontakt zu Wohnungsbauunternehmen zu suchen. Neben dem Personal wird dieses Thema Träger in Metropolregionen in den kommenden Jahren wohl ebenfalls intensiv beschäftigen.
Der Autor
Nico Kling ist Geschäftsführer der auf Pflegeanbieter spezialisierten Unternehmensberatung GESO Consult in Berlin.
nico.kling(at)geso-consult.de