Zuständigkeiten neu organisieren

Geschäftsbereichsleiter Effert und geschäftsführender Partner Nagy (v.l.) © rosenbaum nagy unternehmensberatung
Immer mehr Sozialunternehmen regeln die Aufsicht neu. Wie sie das im laufenden Betrieb schaffen, zeigen Attila Nagy, geschäftsführender Partner, und Carsten Effert, Strategieleiter bei der rosenbaum nagy unternehmensberatung.
Noch immer ist die Rechtsform des Vereins in der Sozialwirtschaft weit verbreitet. Dies wird sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern, da in einer Vereinsstruktur viele Anforderungen an ein sozialwirtschaftliches Unternehmen adäquat erfüllt werden können. Dennoch ist es bei steigender Größe der Organisation ratsam, die Aufsichtsstrukturen dieser Größe anzupassen. In der Regel wird dabei aus einem vorher ehrenamtlichen Vorstand ein Aufsichtsrat, der unterschiedliche Namen tragen kann.Dies gewinnt bei den aktuell zu beobachtenden Wachstums- und Konzentrationsprozessen in der Branche zunehmend an Bedeutung.
Die Neuordnung der Strukturen beginnt in der Regel mit einer Veränderung oder sogar grundlegenden Neuordnung der Satzung. Solche Satzungsänderungen sind häufig recht zeitaufwendig, aufgrund der angestrebten Rollenveränderungen selten konfliktfrei und bedürfen juristischer Expertise. Die eigentliche Arbeit fängt jedoch häufig erst dann an, wenn es darum geht, den in der neuen Satzung zum Ausdruck kommenden Veränderungswillen auch in der Praxis umzusetzen. Denn jahrzehntelang gepflegte Formen der Zusammenarbeit zwischen dem früheren ehrenamtlichen Vorstand und dem hauptamtlichen Management wirken trotz veränderter Aufgabenteilung hartnäckig nach.
Eine zentrale Rolle spielt dabei, sofern vorhanden, die Geschäfts- oder Zuständigkeitsordnung. Mit Verabschiedung einer neuen Satzung ist sie in der Regel veraltet. Und in der alten Geschäftsordnung sind die unterschiedlichen Rollen der Vereinsorgane noch so manifestiert, wie man sie zukünftig nicht mehr ausgestalten möchte. So ist beispielsweise ein Aufsichtsrat als eigenständiges Gremium möglicherweise gar nicht enthalten. Sehr viele Rechte und Pflichten liegen noch beim Vorstand entsprechend der alten Ausgestaltung, zum Beispiel das Weisungsrecht gegenüber den Mitarbeitenden oder die Festlegung der Strategie. Der Vorstand hat nach der neuen Satzung jedoch eine andere Aufgabe.
Analog zum Satzungsprozess muss also auch hier aufgeräumt werden. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf Anpassungen auf der Sachebene. Vielmehr sollte ein solcher Prozess genutzt werden, um den mit der Satzungsänderung intendierten Rollenwechsel auch tatsächlich zu vollziehen – wahrlich eine Geschäftsordnung im Sinne der Ordnung des Geschäftes.
Der Weg zu einer neuen Geschäftsordnung lässt sich dabei wie folgt beschreiben:
Festlegung der Leitplanken mit dem Aufsichtsgremium
Allein schon aus zeitlichen Gründen wird es kaum möglich sein, mit den Mitgliedern des Aufsichtsgremium den kompletten Arbeitsprozess zu gestalten. Was aber möglich und sinnvoll ist, ist die gemeinsame Festlegung des Arbeitsauftrags sowie der Leitplanken, was nach welchen Grundsätzen wie geregelt werden soll und was nicht.
Der Vorschlag zu den Kerninhalten der neuen Geschäftsordnung sollte dabei auf der Grundlage der neuen Satzung in Form von Finalzielen durch die Geschäftsstelle oder Zentralverwaltung vorbereitet und in das Aufsichtsgremium eingebracht werden. Hierzu zählt die Frage, was die Organisation erreichen will, zum Beispiel eine Entlastung des Ehrenamtes auf eine wirksame Konzentration auf Aufsichtsaufgaben, effektive Reduktion der Haftungsrisiken, Handlungsspielräume des operativen Managements) Mit den Mitgliedern des Aufsichtsgremiums wird dieser Vorschlag dann mit externer Moderation verfeinert, in einen Arbeitsauftrag überführt und auch formal beschlossen.
Detailausarbeitung durch eine kleine Arbeitsgruppe
Der Geschäftsstelle oder Zentralverwaltung obliegt dann wiederum die Detailausarbeitung. Dafür werden die Inhalte in die Form einer sogenannten Aufgaben-Kompetenz-Matrix (AKV-Matrix) überführt. Dieser Prozess wird ebenfalls extern begleitet.
Die so ausgearbeitete AKV-Matrix wird dann mit einer kleinen, aber gut arbeitsfähigen Arbeitsgruppe, die sich aus verschiedenen haupt- und ehrenamtlichen Vertreterinnen und Vertretern zusammensetzt und diese bestmöglich repräsentiert, weiter verfeinert und abgestimmt.
Finale Abstimmung und Beschluss im Präsidium
Die so ausgearbeitete AKV-Matrix wird dann erneut ins Aufsichtsgremium eingebracht, dort diskutiert und bei Bedarf für gegebenenfalls notwendige Anpassungen nochmals an die Arbeitsgruppe übergeben. Dort erfolgen die finale Ausarbeitung und Endredaktion der neuen Kompetenzregelungen in Form der Matrix sowie weiterer eventuell notwendiger Unterlagen. Zum Abschluss wird diese neue Kompetenzregelung formal vom Aufsichtsgremium beschlossen und damit freigegeben.
Auch wenn die einzelnen Schritte wenig revolutionär erscheinen, so stellen sie in Summe doch sicher, dass eine neue Satzung soweit operationalisiert wird, dass die neuen Gegebenheiten auch in der praktischen Umsetzung funktionieren.
Die Autoren
Attila Nagy ist geschäftsführender Partner bei der rosenbaum nagy unternehmensberatung. nagy(at)rosenbaum-nagy.de
Carsten Effert ist Geschäftsbereichsleiter Strategie und Geschäftsfeldentwicklung bei der rosenbaum nagy unternehmensberatung. effert(at)rosenbaum-nagy.de
Die rosenbaum nagy unternehmensberatung unterstützt die Veröffentlichung und Verbreitung dieses Beitrags.