Schwerpunkt Liquiditätsmanagement: Controlling

Zahlungspflichten während globaler Krisen bedienen

Geschäftsführer Mader © Felix Will Fotografie

Globale Dynamiken und wachsende Unsicherheiten machen das systematische Management der Liquidität noch notwendiger. Controllingexperte Thomas Mader zeigt, was zur Vorbeugung einer Insolvenz zwingend nötig ist.

Im Kontext der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs sieht sich eine wachsende Zahl von Unternehmen mit der Frage konfrontiert, wie laufende und künftige Zahlungsverpflichtungen bedient werden können, da Preissteigerungen für Energie und andere Kostenarten nicht immer direkt weitergegeben werden können. In dieser Situation ist ein systematisches Management der Liquidität zur Sicherung eines nachhaltigen Unternehmenserfolgs, sowie die Vorbeugung des Insolvenztatbestands der Zahlungsunfähigkeit, zwingend erforderlich.

Balance zwischen Existenz und Rentabilität

Liquiditätsmanagement bedeutet jedoch nicht, die liquiden Mittel uneingeschränkt zu akkumulieren, um auf jedes noch so wahrscheinliche Krisenszenario vorbereitet zu sein. Der Mix an Herausforderungen besteht vielmehr im Aufbau von Eigenkapital bei gleichzeitiger Investition in die Unternehmensentwicklung. Der sich hieraus ergebende Anspruch an eine Balance der beiden Aggregatszustände bildet die Grundlage für das Liquiditätsmanagement. Diesem sind im Wesentlichen drei Bestandteile zuzurechnen:

  1. Über die Ermittlung des aktuellen Liquiditätsstatus wird die gegenwärtige Zahlungsfähigkeit und die Unausgewogenheit zwischen Geldkonten ermittelt, woraus zusammengenommen die tagesaktuellen, liquiden Mittel ermittelt werden.
  2. Innerhalb der kurzfristigen Liquiditätsvorschau wird die Liquidität für die kommenden drei bis sechs Monate prognostiziert. Ziel ist die Herstellung einer Entscheidungsgrundlage für die Unternehmensleitung.
  3. Über die mittel- und langfristige Liquiditätsplanung wird durch eine Kapitalflussrechnung der zukünftige Kapitalbedarf ermittelt. Auch die Cashflows der operativen Geschäftstätigkeit, sowie der Finanz- und Investitionstätigkeit werden hierfür ermittelt und analysiert. Diese Ergebnisse gelten als Grundlage für die strategische Entscheidungsfindung innerhalb der Organisation. Gleichzeitig ist hierdurch die Umsetzung von Vorsorgemaßnahmen möglich, um die benötigte Liquidität zu sichern.

Bedeutung für die Sozialwirtschaft

Die Besonderheit für die Sozialwirtschaft ergibt sich aus der Verantwortung der öffentlichen Hand für einen Großteil der Finanzierung sozialer Dienstleistungen: Einerseits schaffen detaillierte Leitungs- und Vergütungsvereinbarungen Sicherheit gegenüber potentiellen Zahlungsausfällen. Gleichzeitig sind aber auch Verzögerungen der Zahlungsabwicklung oder  deren Rückerstattung an die Kostenträger nicht ausgeschlossen. Zudem müssen manche Leistungen  bis zu zwölf Monaten vorfinanziert werden, wobei unvollständige oder fehlerhafte Dokumente die Auszahlungen der Mittel in der Praxis massiv verzögern können.

Anforderungen an ein gutes Liquiditätsmanagement

Die Absicherung dieser Risiken, aber auch die Beschleunigung der Zahlungsabwicklung, kann durch die Anwendung von Controlling-Standards für das Liquiditätsmanagement wesentlich verbessert werden. Hierfür sind durch die Deutsche Gesellschaft für Management und Controlling in der Sozialwirtschaft (DGCSD) die nachfolgenden Mindestanforderungen an das Controlling des Liquiditätsmanagements entwickelt:

  1. Die wirtschaftliche Gewinnorientierung muss den Aufbau angemessener Liquiditätsreserven forcieren, durch die temporäre oder periodische Schwankungen der Liquidität ausgeglichen werden können. Hierfür bedarf es einer intensiven, lückenlosen Wirtschaftsplanung, sowie eines laufenden Monitorings, das mit Erfolgsparameter (Renditeziele) angereichert ist.
  2. Die Liquiditätsplanung umfasst mindestens eine kurz- und mittelfristige Liquiditätsplanung. Das Liquiditätsmanagement arbeitet hierzu eng mit allen betriebswirtschaftlichen Bereichen, insbesondere dem Controlling zusammen, um sämtliche Information angemessen in der Planung berücksichtigen zu können.
  3. Als ein zentrales Element des Liquiditätsmanagements sollte ein Cash-Pooling eingerichtet werden. Auch für dessen Einrichtung ist das Controlling wichtiger Sparrings-Partner.
  4. Aufgabe des Controllings muss es sein, regelmäßig Factoring-Ansätze zu prüfen, die sich im Wesentlichen auf Ausfallrisiken privater Schuldner und nur äußerst selten auf die öffentliche Hand beziehen.
  5. Soweit möglich, sind in der Vertragsgestaltung Zuzahlungsziele zu vereinbaren, sodass Mittelabflüsse bei fristgerechter Zahlung jederzeit bedient werden können. Dem Controlling kommt hier eine besondere Bedeutung zu, da durch eine Analyse des Zahlungsverhaltens heterogener Debitorengruppen, die Optimierung von Zahlungszielen, des Forderungsmanagements und der Liquiditätssteuerung erreicht werden kann.

Durch diese können die Implikationen verzögerter Zahlungsabwicklungen das Risiko eines Insolvenztatbestands wesentlich gesenkt werden, indem sie die Transparenz und Dokumentation gegenüber den Kostenträgern verbessern. Zudem kann durch die Elemente des Liquiditätsmanagements prospektiven Liquiditätsengpässen begegnet werden.

Der Autor:

Thomas Mader ist Geschäftsführer der Deutsche Gesellschaft für Management und Controlling in der Sozialwirtschaft e.V.

geschaeftsfuehrungdgcs@gmail.com

Literatur:

  • Deutsche Gesellschaft für Management und Controlling in der Sozialwirtschaft e.V. (2019): DGCS-Controlling-Standards. Independently published.
  • Moos, G.; Schmeißer, S. (2022): Regulierungen im Krankenhauswesen und Auswirkungen auf die Liquiditätssteuerung, in: T. Kümpel; K. Schlenkrich, T. Heupel (Hrsg.): Controlling und Innovation 2022. Gesundheitswesen (S. 346-377).
  • Schellberg, K.; Wiener, B.; Kröger, M. (2019): Grundlagen der Liquidität in Unternehmen und Konzernen der Sozialwirtschaft. Die Finanzierung des Betriebes und seiner Einheiten – der Einsatz von Rentabilitäts- und Finanzkennzahlen, in: B. Schubert: H. Clausen (Hrsg.): Treasury in Unternehmen der Sozialwirtschaft (S. 51-72).