Entgeltverhandlungen

Wirtschaftlichkeit sichern

Marktfeldleiterin Neumann © contec GmbH

In den Verhandlungen mit Leistungsträgern müssen Leistungserbringer eine auskömmliche Finanzierung ihrer Angebote erreichen. Marktfeldleiterin Birgitta Neumann von der contec GmbH gibt Tipps für eine gute Vorbereitung.

Eine solide wirtschaftliche Basis ist Voraussetzung für qualitativ hochwertige pädagogische Angebote und Teilhabeleistungen. Die Entgeltverhandlungen mit den Leistungsträgern stellen eine der wichtigsten Stellschrauben für die Wirtschaftlichkeit sozialer Organisationen dar. Für eine auskömmliche Refinanzierung der Leistungen müssen die Verhandlungen und die dafür notwendigen Leistungsbeschreibungen und Kennzahlen professionell vor- und aufbereitet werden.

Doch gerade in Zeiten der steigenden Energie-, Personal- und Sachkosten sowie der bevorstehenden neuen Leistungs- und Vergütungsverhandlungen im Rahmen des SGB IX erleben wir in der betriebswirtschaftlichen Beratung häufig Unsicherheiten bei unseren Kundinnen und Kunden.

Ob bei den Entgeltverhandlungen ein für den Leistungserbringer zufriedenstellendes Ergebnis entsteht, entscheidet sich nicht erst am Verhandlungstisch. Eine gute Vorbereitung ist alles. Liegt ein professionelles Controlling vor, ist das die halbe Miete. Aber es gibt auch andere Aspekte, auf die Leistungserbringer achten sollten, um eine auskömmliche Refinanzierung ihrer Angebote und Kosten zu erreichen.

Tipps und Maßnahmen für erfolgreiche Entgeltverhandlungen

Die Vorbereitung für eine erfolgreiche Entgeltverhandlung beinhaltet verschiedene Maßnahmen:

Leistungsbeschreibungen und -kalkulationen überprüfen: Die Leistungsbeschreibungen sind neben den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen zentral für erfolgreiche Entgeltverhandlungen. Denn die Kalkulation bildet die Leistungsbeschreibung in Zahlen ab. In der Entgeltverhandlung kann somit nicht berücksichtigt werden, was nicht in der Leistungsbeschreibung steht. In den Leistungsbeschreibungen festgehaltene Aspekte sind zum Beispiel die Personalbemessung, die direkten und indirekten Arbeitszeiten, Fahrt- und Transportkosten, anstehende Investitionen sowie geplante Fort- und Weiterbildungen und Supervisionen. Änderungen innerhalb der Leistungserbringung, unter anderem bezüglich Art, Umfang, Ort, Zeit und Personalschlüssel, ziehen in den meisten Fällen eine Anpassung der Entgelte nach sich.

Insbesondere für die noch anstehenden neuen Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen im Bereich der Eingliederungshilfe gilt es, genau hinzuschauen, da die Leistungsbeschreibungen hier vielfach neu aufgesetzt wurden oder noch in der Entwicklung sind. Aber auch im Bereich der freien Kinder- und Jugendhilfe ist eine regelmäßige Überprüfung des Leistungsangebotes wichtig, denn Bedarfe und Angebote unterliegen einem ständigen Wandel und beeinflussen die benötigten Entgelte. Bei genauerem Hinsehen ergeben sich eventuell ungenutzte Potenziale der Refinanzierung, auch im Benchmark mit vergleichbaren Angeboten. Es ist zu beachten, dass die beiden Komponenten der Leistungsbeschreibung und -kalkulation lückenlos ineinandergreifen. Dazu sollten Leistungserbringer mit den gesetzlichen Vorgaben vertraut sein, um diese in den Leistungsbeschreibungen berücksichtigen zu können.

Kalkulationsschemata recherchieren: Da es in der Eingliederungshilfe und der Kinder- und Jugendhilfe keine einheitlichen Schemata für die Leistungskalkulation gibt, können vorhandene Kalkulationsschemata recherchiert und an die eigenen Leistungsangebote angepasst werden. Das hilft bei der Berechnung und Bepreisung der eigenen Angebote.

Kostenentwicklung darstellen: Um die erwartete Kostenentwicklung darzustellen, sind die IST-Werte des Vorjahres als Grundlage nötig. Dazu gehört der Jahresabschluss des Vorjahres sowie, falls vorhanden, das Kostencontrolling, der Tarifvertrag oder die Gehaltstabelle und damit die prospektiven Personalkosten. Außerdem können Kostenvoranschläge von Dienstleistern für geplante Investitionen eine gute Grundlage sein, um plausibel und realistisch die erwartete Kostenentwicklung abzubilden.

Argumentation vorbereiten: Damit die Leistungsträger die prospektive Kostenentwicklung nachvollziehen können und den Forderungen entsprechen, unterziehen sie die Argumentation des Leistungserbringers einer Plausibilitätsprüfung. Hierfür braucht es eine schlüssige, strukturierte, konkrete und realistische Argumentationsweise. Es ist besonders hilfreich, wenn am Verhandlungstisch auf der Seite der Leistungserbringer neben betriebswirtschaftlichem und juristischem Know-how auch pädagogisches Fachwissen vorhanden ist, um mit einem zufriedenstellenden Ergebnis aus den Verhandlungen hervorzugehen. Damit sind alle wichtigen Perspektiven abgedeckt.

Vergleichbarkeit prüfen und Einzigartigkeit herausstellen

Im Rahmen der Entgeltverhandlungen im SGB IX kann neben der Plausibilitätsprüfung auch die Vergleichbarkeit der geforderten Vergütung zu anderen, ähnlichen Leistungserbringern geprüft werden. Eine Vergütungsanforderung ist demnach angemessen, wenn sie im Vergleich zur Vergütung anderer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt. Daraus ergeben sich jedoch Probleme, etwa wenn sich Leistungserbringer gegenseitig zu unterbieten versuchen, um den Zuschlag für ein neues Angebot zu bekommen. In diesen Fällen droht eine Abwärtsspirale. Außerdem ist die geforderte Vergleichbarkeit nicht leicht darzustellen. Um Vergleiche adäquat abbilden zu können, bräuchte es Datenbanken, die zum Beispiel die Leistungsbeschreibungen und Vergütungssätze so aufbereiten, dass diese untereinander vergleichbar und transparent sind. Perspektivisch ist es deshalb empfehlenswert, das eigene Leistungsangebot so einzigartig wie möglich zu gestalten, um sich einem Vergleich entziehen zu können. Die Entwicklung einer geeigneten Unternehmensstrategie kann zu diesem Ziel beitragen.

Professionelles Controlling als ideale Grundlage

Vielen Leistungserbringern fehlt es an einem differenzierten und professionellen Controlling. Häufig ist zwar ein betriebswirtschaftliches, aber kein fachliches Controlling vorhanden. Die neuen Kalkulationsschemata einiger Bundesländer erfordern so detaillierte Angaben, dass die betriebswirtschaftliche Datenbasis der Leistungserbringer oft nicht ausreicht und durch ein fachliches Controlling ergänzt werden muss.

Die durch ein Controlling sichtbaren Kennzahlen erleichtern eine zeitnahe Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der einzelnen Angebote und geben Hinweise für die Wirksamkeit der Leistungen. Das Controlling bietet die Grundlage für die Entwicklung einer fundierten Strategie und daraus folgende unternehmerische Entscheidungen. Vielfach ist die unzureichende Auswertung notwendiger Kennzahlen ein Grund für verschleppte Entgeltverhandlungen. Es entstehen Lücken in der Refinanzierung, die Leistungserbringer in den Verhandlungen oftmals nicht mehr oder nur mühsam ausgleichen können.
 

Die Autorin

Birgitta Neumann ist Marktfeldleiterin für Unternehmen der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe bei der contec GmbH.
 

b.neumann(at)contec.de

Die contec GmbH unterstützt die Veröffentlichung und Verbreitung dieses Beitrags.