Neue Themengebiete wenig erschlossen

Wissenschaftlerin Moos und Wissenschaftler Heitmann © Moos / Heitmann
Das Steuerungspotenzial der Sozialwirtschaft weitet sich. Gabriele Moos und Christian Heitmann präsentieren die Ergebnisse ihrer Panel-Studie zum Controlling in der Branche.
Die Sozialwirtschaft ist ein sehr heterogener Sektor mit Einrichtungen unterschiedlichster Größe. Dabei stellt sich die Frage, wie das Controlling in den verschiedenen Organisations- und Unternehmensformen ausgestattet ist. Um diese Frage beantworten zu können, wurde eine Langzeitstudie zum aktuellen Stand und zu Entwicklungstendenzen des Controllings in der deutschen Sozialwirtschaft gemeinsam von der DHBW Villingen-Schwenningen, der Hochschule Mainz, der Hochschule Koblenz und der Curacon Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft ins Leben gerufen. In Form einer Panel-Erhebung wurde im Jahr 2021 die Erstbefragung in vier zentralen Themengebieten durchgeführt.
Themengebiet I: Organisation des Controllings
Wie viele Mitarbeitende sind im Controlling beschäftigt und wie sind die Controlling-Abteilungen organisiert?
Auf die Frage, wie viele Personen mit Controlling-Aufgaben in ihren Unternehmen betraut sind, antwortet 49 Prozent der befragten Organisationen, dass sie ihr Controlling mit einer Person ausstatten. Bei den freigemeinnützigen Unternehmen ist 39 Prozent mit zwei bis fünf Personen ausgestattet. Die ambulanten Pflegedienste stechen mit einer 80-prozentigen Einpersonenausstattung deutlich hervor. Ebenso wie die Unternehmen, die neben der Pflege auch Leistungen der Eingliederungshilfe anbieten, die ebenfalls zu 80 Prozent zwei bis fünf Personen im Controlling beschäftigen. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Zahl der Mitarbeitenden im Controlling mit der Gesamtzahl der Beschäftigten positiv korreliert. Dies konnte bereits in früheren Studien belegt werden.
Dieses Ergebnis wird in der Struktur der Controllerquote dargestellt. Es ist auffällig, dass die Zahl der Controllerstellen zuletzt deutlich angestiegen ist und die Controllerquote in den beteiligten Unternehmen bei 3,4 Controllerinnen und Controllern pro 1.000 Mitarbeitenden liegt. Bei kleineren Unternehmen lässt sich die Quote aufgrund der Skalierung nur bedingt messen und ist mit 20,7 deutlich höher und sinkt bei Betrachtung der nächstfolgenden Kategorie der Unternehmen mit 200 bis 800 Klienten pro Plätze bereits auf den Wert 7,0. An dieser Stelle ist ein deutlicher Größendegressionseffekt feststellbar, das heißt, die Controllerquote nimmt mit der Größe der Unternehmen deutlich ab.
Themengebiet II: Gestaltung des operativen Controllings
Für 90 Prozent der Befragten ist die Bedeutung des Controllings für den jeweiligen Unternehmenserfolg maßgeblich. Die klassischen Bereiche des Controllings, das Investitions- und Finanzcontrolling, das Leistungs- sowie das Personalcontrolling, werden als sehr maßgeblich eingeschätzt.
Mit mehr als 80 Prozent werden jeweils folgende Aufgaben als ideale Controlling-Aufgaben angesehen:
- die Datensammlung und -zusammenführung (84,4%),
- die Datenaufbereitung, -analyse, -auswertung und -kontrolle (93,9%),
- die Erstellung von Ad-hoc-Auswertungen (81,7%),
- die Berichtserstellung (84,4%),
- die Kommunikation der Ergebnisse gegenüber Leistungsbereichen (86%) sowie auch
- die Beratung und Unterstützung der Unternehmensleitung (81,7%).
Die Berichtskommentierung mit 62,3 Prozent und die Ableitung erster Handlungsempfehlungen mit 63,5 Prozent sind ebenfalls wichtige Aufgaben. Sie erreichen allerdings nicht diese hohen Zustimmungswerte, wenn sie auch immer noch hohe Verbreitungswerte aufweisen.
Themengebiet III: Strategisches Controlling
Die Funktion der Controllerin oder des Controllers als vorausschauende Strategin oder vorausschauende Strategin hat sich in vielen Unternehmen der Sozialwirtschaft noch nicht durchgesetzt. Hingegen zeigen die Ergebnisse, dass die gesetzten strategischen Ziele regelmäßig im Controlling überprüft werden. Bezogen auf die Strategie gaben 56 Prozent der befragten Unternehmen an, dass eine Festlegung und Überprüfung von strategischen Zielen erfolgt. Die Tatsache, dass 44 Prozent der befragten Unternehmen keine strategischen Ziele setzen, zeigt, dass viele Unternehmen der Sozialwirtschaft noch Nachholbedarf beim strategischen Controlling haben.
Themengebiet IV: Wirkungscontrolling
Viele Einrichtungen messen mittlerweile, wie wirksam ihre Beratungs-, Betreuungs- und Pflegeangebote in den jeweiligen Hilfefeldern sind. So wurde beispielsweise gefragt:
Welche Wirkungsziele sind überhaupt definiert? Wie können diese Wirkungsziele gemessen werden?
Erfolg in der Sozialwirtschaft wird nicht nur im Gewinn und in der Rendite gesehen, sondern vor allem in der Erzielung von Wirkungen, etwa die Verbesserung der Lebensqualität. Sozialwirtschaftliche Unternehmen benötigen deshalb Instrumente, mit deren Unterstützung sie ihre fachliche Wirksamkeit kontinuierlich beobachten und steuern – also controllen – können.
Allerdings: Nur 19 Prozent der Unternehmen geben an, dass Wirkungsziele umfassend vorhanden sind. In weiteren 27 Prozent sind diese im Wesentlichen vorhanden. In 44 Prozent der teilnehmenden Organisationen sind Wirkungsziele in Ansätzen vorhanden. Außerdem ist zu beachten, dass 14 Prozent der befragten Unternehmen keine Wirkungsziele definiert haben. Neun Prozent der Einrichtungen gaben auf diese Frage keine Antwort. Hier liegt die Vermutung nahe, dass Wirkungsziele ebenfalls nicht vorhanden sind.
Das Ergebnis der Untersuchung zeigt für die Zukunft eine hohe Relevanz der Digitalisierung für das Controlling. Die Themen Informationssysteme, Datenmanagement und digitale Kompetenzen werden weiter an Bedeutung gewinnen. Dies gilt es in den folgenden Befragungen weiter zu konkretisieren und zu überprüfen.
Bei Interesse an den Studienergebnissen besteht die Möglichkeit die Studie über die Curacon Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über studien(at)curacon.de zu bestellen.
Die Autorinnen und Autoren:
Prof. Dr. Steffen R. Arnold, Leiter Studiengang Sozialwirtschaft, Duale Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen
Dr. Christian Heitmann, Leiter Geschäftsbereich Unternehmensberatung, Curacon Münster
christian.heitmann(at)curacon.de
Prof. Dr. Gabriele Moos, Leiterin des Studiengangs Gesundheits- und Sozialmanagement, RheinAhrCampus Remagen
Prof. Dr. Hans-Christoph Reiss, Hochschule Mainz, Wissenschaftlicher Leiter IFAMS