Die Kraft der Netzwerke bei der nachhaltigen Transformation

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Organisationen können gemeinsam voneinander lernen. Die Evangelische Bank diskutiert mit Johanna Gary (Diakonie Deutschland) und Dr. Matthias Albrecht (KLUG), wie Netzwerke die Nachhaltigkeit fördern.
Die nachhaltige Transformation und die anstehende Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung stellt Einrichtungen aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft vor mannigfaltige Herausforderungen. Es muss etwas getan werden – aber wie? Nicht selten fehlt es an finanziellen und personellen Ressourcen, an Wissen über die regulatorischen Vorgaben und an einer Strategie, die Einrichtung ganzheitlich nachhaltiger auszurichten.
Unterstützen bei der Transformation können Netzwerke – intern und extern, regional und international. Denn der Erfahrungsaustausch und das Teilen von Best-Practice-Beispielen nimmt nicht nur die Sorge vor der scheinbar kaum zu bewältigenden Aufgabe, sondern erleichtert auch die ersten Schritte in Richtung Nachhaltigkeit. Wie genau, hat die Evangelische Bank mit Johanna Gary, Leiterin Gruppe Nachhaltigkeit der Diakonie Deutschland, und Dr. Matthias Albrecht, Geschäftsführer der Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG e.V.), diskutiert.
EB: Frau Gary, die Diakonie Deutschland ist bereits aufgrund ihrer Struktur ein mächtiges Netzwerk. Gibt es bei Ihnen eine Zusammenarbeit und Vernetzung zum Thema Nachhaltigkeit?
Johanna Gary: Ja, die gibt es. In der Diakonie haben wir das ‚Netzwerk Nachhaltigkeit‘. Es ist offen für Landesverbände, Träger und Einrichtungen, jeder kann mitmachen, der möchte. Ich freue mich jeden Tag über Mails, in denen sich neue Nachhaltigkeitsbeauftragte bei mir melden und Teil des Netzwerks werden möchten. Dort teilen wir auch viele Best Practices der Nachhaltigkeitstransformation, so zum Beispiel ein Projekt der Evangelischen Heimstiftung in Baden-Württemberg. Deren Idee, die Außenflächen ihrer Einrichtungen naturnah und insektenfreundlich umzugestalten und so etwas für den Artenschutz zu tun, wurde zum Projekt ‚1.000 Gärten‘ der Diakonie Deutschland. Diese Idee ist regional entstanden und konnte durch die Kraft des Netzwerks auf ganz Deutschland ausgeweitet werden.
EB: Herr Dr. Albrecht, es gibt unterschiedliche Möglichkeiten für Organisationen, sich zur nachhaltigen Transformation auszutauschen und voneinander zu lernen. Wie vernetzt sich KLUG?
Dr. Albrecht: Bei KLUG haben wir verschiedene Sprachrohre und Netzwerke. Einmal Bildungsformate, bei denen wir mit verschiedenen Partnern wie Krankenkassen oder Ministerien, zusammenarbeiten. Das Netzwerk ‚KliMeG‘ (Kompetenzzentrum für klimaresiliente Medizin und Gesundheitseinrichtungen) bietet Gesundheitseinrichtungen die Möglichkeit, Best-Practice-Beispiele auszutauschen. Das ‚Centre for Planetary Health‘ ist ein Thinktank, der politische Aktivitäten wie Gesetzesvorhaben analysiert, kommentiert und Anregungen gibt, was man noch verbessern könnte.
Für KLUG sind das Netzwerken und der Austausch wahnsinnig wichtig – regional und international. Wir können von anderen Ländern lernen, aber auch gute Beispiele aus Deutschland in die Welt tragen. Wir sind wie Spinnen im Netz. Wir sammeln Informationen und leiten diese an die Partner unseres Netzwerks weiter. Ein wachsendes Netzwerk ist auch ein lernendes Netzwerk – und das bringt das ganze Thema nach vorne.
EB: Frau Gary, als großer Arbeitgeber ist die Diakonie Deutschland sicherlich auch im Austausch mit der Politik, wie die Bewältigung der Klimakrise in diakonischen Einrichtungen umzusetzen ist. Können Sie dazu etwas sagen?
Johanna Gary: Wir veröffentlichen regelmäßig Positionspapiere, die die Politik dafür sensibilisieren sollen, dass diakonische Einrichtungen ein Hebel für den Klimaschutz sein können. Die Politik braucht die diakonischen Einrichtungen, um die deutschen Klimaziele zu erreichen. Und wir möchten auch unseren Beitrag leisten, dass Deutschland klimaneutral wird. Dazu brauchen wir aber Unterstützung, denn die Transformation kostet viel Geld und gemeinnützige Einrichtungen können keine großen Rücklagen bilden.
In den Sozialgesetzbüchern steht, dass wir wirtschaftlich und sparsam handeln sollen. Klimaschutz oder Nachhaltigkeit werden nicht erwähnt – das muss sich dringend ändern. Aktuell kann ein Kostenträger Investitionen in eine Photovoltaikanlage oder die Sanierung von Gebäuden ablehnen, da diese nicht betriebsnotwendig ist. Wenn Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu den Aufgaben der Diakonie gehören, ändert sich das. Aber dafür brauchen wir die Unterstützung der Politik.
EB: Schauen wir auf die Einrichtungen selbst. Haben Sie konkrete Tipps, wie Einrichtungen und Träger sich vernetzen können, um so von einem Austausch zu profitieren? Was wäre ein erster guter Schritt?
Johanna Gary: Ein erster Schritt wäre zum Beispiel, sich dem eben genannten ‚Netzwerk Nachhaltigkeit‘ der Diakonie anzuschließen und den regionalen Austausch zu suchen. Viele Landesverbände, wie zum Beispiel Baden-Württemberg, Hessen und NRW, haben sich bereits auf den Weg gemacht und Nachhaltigkeitsbeauftragte installiert, die unterstützen können.
Grundsätzlich ist es wichtig, als diakonische Einrichtung das Thema jetzt zu priorisieren. Der gesetzliche Rahmen in Richtung Nachhaltigkeit wird momentan strenger. Die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, aber auch das Energieeffizienzgesetz machen den Einrichtungen Druck. Daher ist es umso wichtiger, das Thema jetzt anzugehen, um nicht abgehängt zu werden.
EB: Vielen Dank, Frau Gary. Herr Dr. Albrecht, wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Netzwerke im Bereich der Nachhaltigkeit, vielleicht auch mit Blick auf die regulatorischen Vorgaben?
Dr. Albrecht: Die regulatorischen Vorgaben sind für viele quälend, auch weil sie mit viel Administration und Verwaltungstätigkeiten verbunden sind. Sie sind aber auch ein Hebel für Veränderung und eine Chance. Je mehr sich eine Einrichtung oder ein Träger im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz engagiert, desto mehr wirtschaftliche Vorteile wird er in der Zukunft haben. Und die große Aufgabe der Netzwerke ist es jetzt, diese große Herausforderung handhabbar zu machen – sodass jede Einrichtung, aber auch jede Gemeinde oder Familie ihren Handlungsspielraum kennt.
EB: Vielen Dank für die spannenden Einblicke von Ihnen beiden.
Das ganze Interview mit Frau Gary und Herrn Dr. Albrecht können Sie im Podcast ,Ermutigende Blickwinkel‘ der Evangelischen Bank hören – jetzt auf allen gängigen Podcast-Plattformen und unter www.eb.de/podcast.
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Der Podcast ,Ermutigende Blickwinkel‘ bietet spannende Interviews, abwechslungsreiche Berichte und ehrliche Erlebnisreportagen zu zentralen Themen aus Kirche, Gesundheits- und Sozialwirtschaft.
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Diakonie Deutschland
Die Diakonie ist der soziale Dienst der evangelischen Kirchen. Zur Diakonie Deutschland gehören etwa 30.000 Einrichtungsangebote, über 600.000 Mitarbeitende und 700.000 freiwillig Engagierte.
Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG e.V.)
KLUG, gegründet 2017, ist ein Netzwerk, das es sich zum Ziel gesetzt hat, die Transformation und den Wandel hin zu einer klimaneutralen, gesunden Gesellschaft und Erde voranzutreiben.
Die Evangelische Bank unterstützt die Veröffentlichung und Verbreitung dieses Beitrags.