Arbeit flexibler gestalten

Fachberater Neycken © Natalie Riefel
Für Beschäftigte in der Sozialwirtschaft lassen sich nicht alle Aufgaben digital erledigen. Paul Neycken von der rosenbaum nagy unternehmensberatung zeigt, welche Möglichkeiten für hybrides Arbeiten Unternehmen nutzen können.
Mit der Coronapandemie hat das digitale, ortsunabhängige Arbeiten noch einmal deutlich an Relevanz gewonnen und ist in vielen Organisationen nicht mehr wegzudenken. Was früher als Benefit für potenzielle Arbeitnehmerinnen und -nehmer galt, ist heute ein vielfacher Muss-Faktor.
Digitales Arbeiten kann jedoch nicht in jeder Organisation gleichermaßen umgesetzt werden. Träger der Sozialwirtschaft können allein durch ihre kundennahen Dienstleistungen aktuell kein flächendeckend digitales Arbeiten ermöglichen. Darüber hinaus gibt es auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Wechsel zum digitalen Arbeiten bewusst ablehnen. Trotzdem steigt auch in der Sozialwirtschaft der Bedarf nach einer flexibleren Arbeitswelt. Hier braucht es also eine organisationale Prüfung und Entscheidung, was und wie möglich ist.
Ergänzende digitale Angebote schaffen
Zu Beginn müssen daher Prozesse oder Bereiche auf die Möglichkeit einer digitalen Arbeitsweise hin abgeprüft werden. Tendenziell sind in der Sozialwirtschaft viele Kernleistungsprozesse als Dienstleistung an Klientinnen und Klienten zu erbringen. Das bedeutet in der ambulanten Pflege beispielsweise automatisch eine Leistungserbringung nicht an einem festen Ort, sondern mobil am Standort des Klienten. Beratungsleistungen können hingegen in Zeiten von Videokonferenzsystemen sehr einfach in ein digitales Angebot überführt werden. Dafür müssen jedoch zwingend digitale Anwendungskompetenzen und eine funktionierende technische Ausstattung bei allen beteiligten Personen sichergestellt werden.
Zudem bieten auch leistungsnahe Unterstützungsprozesse Potenziale für Digitalisierung und damit mehr Flexibilität in der Arbeitszeit und dem Arbeitsort. Hierzu zählen allen voran Dokumentationsprozesse. Dokumentationsaufgaben können durch digitale Unterstützung so deutlich vereinfacht werden. Eingaben können schneller erfasst und in Echtzeit synchronisiert sowie digital verwaltet werden. Dadurch sinkt der administrative Aufwand und alle autorisierten Personen können ohne großen Suchaufwand beispielsweise den Pflegeverlauf abrufen.
Darüber hinaus können auch Pflegeplanungsprozesse über digitale Tools – weg von einer Stecktafelwelt – ortsunabhängig laufen und hier mehr Flexibilität für Pflegedienstleitungen ermöglichen. Hinzu kommen Führungs- und Abstimmungsprozesse sowie Themen der Personalentwicklung mit großem Digitalisierungspotenzial, da sie keinen zwingenden Standortbezug benötigen.
Voraussetzungen für hybride Meetings schaffen
So können beispielsweise Regel-Kommunikation und auch besonders kurzfristige, dringende und spontane Absprachen durch digitale Kollaborationstools vereinfacht und beschleunigt werden. Am Beispiel von Meetings sind hybride Formate leicht zu erklären. Hier müssen nicht alle Personen physisch an einem Ort sein, sondern können ebenso auch digital (remote) teilnehmen. Gerade bei Meetings mit interaktiven Elementen sind diese in hybrid zumeist etwas herausfordernder für die Leiterin oder den Leiter des Meetings. Hier müssen räumliche und technische Möglichkeiten geprüft und auf die Meetingsituation angepasst werden. Wichtig sind insbesondere gute Kamera- und Mikrofonsysteme und idealerweise mehr als ein Großbildschirm, um sowohl Inhalte als auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer optimal anzusteuern. Ähnlich wie im physischen Kontakt müssen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingebunden werden. Dazu eigenen sich beispielsweise Erfahrungsabfragen, Kurzübungen und Feedbackrunden.
Beim Einsatz digitaler Kanäle kann zudem die Aufrechterhaltung einer echten interpersonellen Kommunikation zur Herausforderung werden. Die Digitalisierung soll den persönlichen Austausch nicht ersetzen, sondern ergänzen und vereinfachen. Daher ist es wichtig, sich als Organisation einen gewissen Orientierungsrahmen für Kommunikationsanlässe zu geben, der auch genügend Raum für direkte, analoge Kommunikation sowie Teamaustauschflächen lässt.
Tools für lebenslanges Lernen nutzen
Neben spannenden Tools zur digitalen Kommunikation haben sich auch zahlreiche Tools und Methoden zur Durchführung von attraktiven und aktivierenden Personalentwicklungsmaßnahmen wie zum Beispiel Online-Seminare oder digitale Lernnuggets mehr und mehr durchgesetzt. Lernmanagementsysteme mit passenden Lerninhalten wie Tutorials, Lernabfragen und individuellen und flexiblen Lernpfaden bieten tolle Möglichkeiten, lebenslanges Lernen optimal zu gestalten.
Neben der grundsätzlichen organisationalen Entscheidung, welche Prozesse oder Bereiche sich für eine Flexibilisierung hin in eine digitale Welt eignen, muss die Entscheidung für die richtigen technischen Lösungen getroffen werden. Beim Ersteinführungsprozess von digitalen Tools ist es ratsam, eine ganzheitliche Analyse des Status quo vorzunehmen und die Auswahl von Technik und Tools eng mit den aktuellen und zukünftigen Anforderungen der Organisation zu verknüpfen. Häufig können sich dabei eine externe Begleitung und Analyse als vorteilhaft und kostensparend erweisen.
Die passenden Lösungen wählen
Bei den zu verwendenden Tools kann dabei grob zwischen Einzel- und Komplettlösungen unterschieden werden. Unter einer Einzellösung wird ein Tool verstanden, dass beispielsweise ausschließlich für eine Videokonferenz oder für das kreative Arbeiten auf einem digitalen Whiteboard genutzt werden kann. Eine Komplettlösung vereint viele Möglichkeiten der digitalen Zusammenarbeit in einem Tool. Diese helfen perspektivisch bei unterschiedlichen Anforderungen und Arbeitssituationen.
Wie eingangs erwähnt, ist die Digitalisierung am Arbeitsplatz in all ihren Facetten nicht gleichermaßen in jeder Organisation umsetzbar. So gibt es aktuell Bereiche, wo der persönliche Kontakt oder die physische Präsenz unabdingbar ist. Mit der Einführung von Möglichkeiten des hybriden Arbeitens in ausgewählten Bereichen wird eine neue Form der Flexibilisierung auch in der Sozialwirtschaft möglich.
Der Autor
Paul Neycken ist Fachberater für Digitalisierung und Innovation bei der rosenbaum nagy unternehmensberatung.
neycken(at)rosenbaum-nagy.de
Die rosenbaum nagy unternehmensberatung unterstützt die Veröffentlichung und Verbreitung dieses Beitrags.