Wirtschaftlichkeit steuern
Werkstätten für Menschen mit Behinderung müssen viele Anforderungen erfüllen. Wie sie dabei wirtschaftlich arbeiten, erklärt Marktfeldleiterin Birgitta Neumann von der contec GmbH.
Die Wirtschaftlichkeit von Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) ist notwendige Voraussetzung zur Erfüllung ihres Gesamtauftrags. Werkstätten müssen wirtschaftliche Arbeitsergebnisse anstreben, um den Werkstattbeschäftigten ein der Leistung angemessenes Arbeitsentgelt zu zahlen (§12 Werkstättenverordnung (WVO) (3)) sowie notwendige Rücklagen für Ersatz- und Modernisierungsinvestitionen und zum Ausgleich von Ertragsschwankungen zu bilden (§12 WVO (5)).
Das Arbeitsergebnis ergibt sich dabei stark vereinfacht als Differenz zwischen den Erlösen des laufenden Betriebes im Arbeitsbereich der WfbM und den notwendigen Kosten des Arbeitsbereiches der WfbM (ohne Arbeitsentgelte). Davon muss die WfbM mindestens 70Prozent als Arbeitsentgelt an die Werkstattbeschäftigten auszahlen. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass die für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen notwendigen Kosten sowie die mit der wirtschaftlichen Betätigung zusammenhängenden Kosten, soweit diese aufgrund der besonderen Verhältnisse der WfbM über die von Wirtschaftsbetrieben üblicherweise entstehenden Kosten hinausgehen, über die Leistungsentgelte gedeckt werden.
Der Auftrag von WfbM, Teilhabe an Arbeit zu sichern sowie angemessene Entgelte an die Werkstattbeschäftigten zu zahlen, lässt sich somit nur mit kostendeckenden Leistungsentgelten und auskömmlich kalkulierten Produktions- und Dienstleistungsaufträgen umsetzen. Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld: Wie lassen sich die unterschiedlichen Anforderungen von Inklusion, Rehabilitation und Produktion in WfbM berücksichtigen und in ein erfolgreiches Zusammenspiel bringen? Es liegt vor allem auch in der Verantwortung des Managements der Werkstätten, dieses Spannungsfeld im Rahmen eines erfolgreichen Zusammenspiels der Anforderungen täglich neu aufzulösen und in der Organisation der WfbM zu berücksichtigen.
Kostentransparenz sicherstellen
Die Kompetenzen und das Handeln des Managements, aber auch der Fachkräfte, bestimmen die Wirtschaftlichkeit von WfbM maßgeblich mit. Dabei ist zunächst entscheidend, dass innerhalb der Organisation eine vollständige Kostentransparenz herrscht. Leitungen und Fachkräfte müssen die wirtschaftliche Situation der WfbM und der jeweiligen Bereiche einschätzen können.
Damit das gelingt, braucht es ein effektives Controlling, das die Kosten im Produktionsbereich transparent aufbereitet und regelmäßig nachkalkuliert. So müssen beispielsweise die über die Leistungsentgelte (Kostensatz) zu finanzierenden Leistungen in der Kostensatzkalkulation vollumfänglich berücksichtigt werden. Denn je besser und belastbarer die Kalkulationsgrundlagen vorbereitet sind, desto größer ist die Chance auf erträgliche Abschlüsse der WfbM. Eine verlässliche Kalkulationsgrundlage setzt voraus, dass
- die jeweiligen Kosten verursachungsgerecht den Teilhabeleistungen oder der Produktion und Dienstleistung zugeordnet werden
- und Werkstätten mit den Leistungsträgern kostendeckende Leistungsentgelte verhandeln.
Produktions- und Dienstleistungsprozesse anpassen
Die richtige Ausrichtung der Produktions- und Dienstleistungsprozesse ist ein weiterer wichtiger Faktor für die Wirtschaftlichkeit einer Werkstatt. Mit der richtigen Akquise, Kalkulation und fachgerechten Vorbereitung der Arbeitsaufträge können Produktion und Dienstleistung vor allem durch das Management gesteuert werden. Dabei sollten sich die Produkte und Dienstleistungen der Werkstätten an den Bedürfnissen des Marktes orientieren. Und auch die Vermarktungsinstrumente sollten die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden berücksichtigen, um diese zu erreichen.
Zudem sind eine kontinuierliche Marktbeobachtung, ein wirksames Controlling, die rechtzeitige Modernisierung von Produktionslinien sowie das Wissen um moderne Marketingstrategien unumgänglich. Denn ein Problem besteht häufig darin, dass ein lange bewährtes Produktportfolio plötzlich unwirtschaftlich wird oder bestimmte Leistungen durch Veränderungen am Markt nicht mehr konkurrenzfähig sind. Diese Veränderungen bedürfen einer regelmäßigen Beobachtung und entsprechenden Anpassungen der Produktionslinien.
Die hier beschriebenen Maßnahmen tragen dazu bei, dass die Produktions- und Dienstleistungsprozesse der Werkstätten wirtschaftlich erträglich sind und sollten vom Management nicht vernachlässigt werden. Nur so lassen sich die verschiedenen Anforderungen an WfbM erfolgreich miteinander kombinieren und legen damit den Grundstein zur Erfüllung des Gesamtauftrags der WfbM – und zur Zahlung eines angemessenen Leistungsentgeltes.
Die Autorin
Birgitta Neumann ist Marktfeldleiterin für Unternehmen der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe bei der contec GmbH. Ihr Kompetenzteam steht Ihnen hier bei allen Fragen rund um die Teilhabe am Arbeitsleben gerne zur Verfügung.
b.neumann(at)contec.de
Die contec GmbH unterstützt die Veröffentlichung und Verbreitung dieses Beitrags.