Vernetzung

Schnittstellen aufbauen

Harald Westbeld © Caritas Münster

Die Caritas Münster nutzt verschiedene Ansätze zur internen Verknüpfung von Angeboten. Wie der Verband die Versäulung seiner Dienste aufgelöst hat, beschreibt der Pressereferent Harald Westbeld.

Das Leben ist komplex und die sich in ihm ergebenden Probleme nicht selten auch. Insbesondere in den Siebziger- und Achtzigerjahren hat die Wohlfahrtspflege mit immer spezialisierteren Hilfsangeboten reagiert. Das Wirtschaftswunder ging  zu Ende, die Arbeitslosigkeit stieg und Familienstrukturen veränderten sich. Gleichzeitig gab es mehr Geld für die soziale Infrastruktur. Der spätere Direktor der Caritas Rheine, Bernd Bietmann, trat Anfang der Sechzigerjahre seine Stelle als einer von zwei Mitarbeitern an. In schneller Folge konnte er neue Dienste und Einrichtungen aufbauen. Beim Wechsel in den Ruhestand 2003 zählte die Caritas Rheine über 1000 Mitarbeitende in weit über zwei Dutzend Diensten - die sogenannten ‚Säulen‘, die vielfach nebeneinanderstehen.

Die Entwicklung in Rheine ist durchaus typisch. Aber das Leben der Klienten ist weit weniger versäult sondern eben komplex. Ein Problem hängt mit einem anderen oder mehreren zusammen. Um die Jahrtausendwende forcierte der Caritasverband für die Diözese Münster die Idee, Dienste übergreifend arbeiten zu lassen. Hilfesuchende Menschen sollen über eine Anlaufstelle durch das komplexe Hilfesystem geführt werden.

Im Projekt CaritasSozialBeratung (CSB) sollen Dienste vernetzt werden und wenn möglich unter einem Dach miteinander arbeiten, auch unabhängig von Trägergrenzen und mit Einbezug von Ehrenamtlichen. Das Projekt setzt nicht bei null an, in Rheine beispielsweise hatten Sozialbüros schon Erfahrungen gesammelt, im benachbarten Ibbenbüren boten Ehrenamtliche sich als erste Anlaufstellen mit Weitervermittlung an Fachdienste an.

Einige der damals geschaffenen Strukturen arbeiten noch heute erfolgreich und die Idee hat sich verbreitet. In Gronau beispielsweise sind die Caritas Ahaus-Vreden, der SkF Ahaus-Vreden und der SkF Gronau in einer Trägergemeinschaft mit ihren Diensten gemeinsam in das Elisabeth-Haus gezogen. Im Keller bieten Ehrenamtliche gebrauchte Kleidung an.

Orte spielen offensichtlich durchaus eine Rolle für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Kurze Wege und die Begegnung bei der Entwicklung neuer Ideen und dem Erkennen neuer Bedarfe bleiben in digitalen Zeiten von großer Bedeutung. Weil die Verbandsgebäude das Wachstum nicht mehr fassen konnten, hatten sich die Fachdienste vielfach auch räumlich zerstreut. In der jüngeren Vergangenheit sind sie zunehmend wieder unter einem Dach, nicht selten in Neubauten zusammengefasst worden. So bündelt der Kreiscaritasverband Coesfeld zum Beispiel seine Angebote in den drei größten Orten des weitläufigen Kreisgebiets. Sprechstunden in der Fläche ersparen weite Wege.

Nähe lässt sich noch anders organisieren. Das war der Ansatz des Projektes InCa (Integrierte Kinder-, Jugend- und Familienhilfe der Caritas) von 2005 bis 2008 an vier Standorten. In Straelen beispielsweise hat die Erziehungsberatung der Caritas Geldern-Kevelaer in der Offenen Ganztagsgrundschule Sprechstunden angeboten, das Team geschult und Beratung in Einzelfällen angeboten. Damit ist es gelungen, Probleme bei den Kindern und in den Familien früher zu erkennen und vorbeugend einzugreifen. Dieses Angebot besteht nach wie vor und ist in die Familienzentren ausgeweitet worden, wo die  Kinder in noch früherem Alter erreicht werden.

Vernetzung ist auch das Ziel der zahlreichen Quartiersprojekte, die in den vergangenen Jahren gestartet sind. Sie fördern die Eigeninitiative der Menschen und bieten gleichzeitig durch die hauptamtlichen Koordinatoren erste Verbindungen zu Fachdiensten. Zudem gehen Verbände digitale Wege. Auf der Internetseite der Caritas Geldern-Kevelaer öffnet sich ein Chat-Fenster, über das innerhalb weniger Minuten speziell geschulte Mitarbeitende Ratsuchenden den passenden Dienst vermitteln.

Die Vielzahl der Ansätze zeigt, dass Zusammenarbeit immer wieder neu überlegt und organisiert werden muss. Bereitschaft zur Öffnung, Neugier auf andere Arbeitsfelder und persönliches Engagement, die erforderliche Zeit aufzuwenden, sind neben passenden Strukturen wesentliche Erfolgsfaktoren.

Der Autor:

Harald Westbeld ist Pressereferent bei der Caritas Münster.

westbeld@caritas-muenster.de